Deutschland der Länge nach | Interview

Wolfgang ist 2011 Deutschland der Länge nach von Nord nach Süd mit dem Rad abgefahren und hat seine Erlebnisse und Erfahrungen mit tollen Fotos auf seinem Blog veröffentlicht. Ich habe ihm hier dazu ein paar Fragen gestellt, die dabei helfen sollen vielleicht selbst einmal eine längere Radtour zu planen und durchzuführen. Ein Link zum Blog mit den Reiseberichten finden Sie am Ende des Interviews.

malwoanders.de: Wolfgang, ganz herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Stell Dich doch bitte einmal kurz vor:

Wolfgang: Meinen Namen hast Du ja schon erwähnt. Dann gebe ich erst einmal die Eckdaten zum Besten: Ich bin 54 Jahre alt und Vater von drei Kindern. Zwei davon sind schon erwachsen. Zurzeit Lebe mit meiner Lebensgefährtin noch in Bad Malente, in der Holsteinischen Schweiz. In Südhessen geboren und über 40 Jahre meines Lebens dort verbracht, zieht es mich allerdings wieder zurück, irgendwo südlich des Mains. Wo genau, ist fast egal. Hauptsache es ist warm und ein Fluss ist in der Nähe.

Deutschland der Länge nach von Flensburg nach Füssen

In meiner Jugend und als junger Erwachsener bin ich Kanu gefahren. Zuerst waren es Wandertouren und später habe ich am Wildwasserfahren meine Herausforderung gesucht und gefunden. Das war allerdings ein ziemlich aufwendiges und nicht sehr familienfreundliches Hobby. Ich habe es daher irgendwann aufgegeben und bin dadurch zum Fahrrad gekommen. Als ich auf das Rad umgestiegen bin, kam gerade das MTB (Mountainbike) raus. Das war für mich der perfekte Ersatz zum Wildwasser fahren. Dabei ging es mir aber einfach nur um den Sport.

Ein Besuch beim Zahnarzt, hat dann den Impuls zum Reiseradeln gebracht. Ich war etwas zu früh für den Termin (beim Zahnarzt) und bin vorher noch in einen Zeitschriftenladen gegangen, um mir etwas zum Lesen zu holen. Da nichts über MTBs im Regal lag, habe ich zum Radl Magazin gegriffen. Das Magazin gibt es leider schon sehr lange nicht mehr, aber die Tourenberichte haben bei mir tiefe Spuren hinterlassen. So sind an meinem ersten MTB (Mountainbike) ziemlich schnell Gepäckträger, Schutzbleche und anderes Reiseequipment dran gewachsen.

In der Lüneburger Heide

Die erste Radtour führte mich zu Freunden nach Nürnberg. Ohne große Planung einfach mal los und nach über 250 Kilometern, mit einer Übernachtung, glücklich angekommen. Familienbedingt blieb es aber immer bei kurzen Touren – so drei bis maximal vier Tage lang.

Mit dem Wechsel von Hessen nach Schleswig-Holstein, kam dann aus gesundheitlichen Gründen auch eine berufliche Veränderung. Eine Umschulung zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit stand an. Dank dessen, dass ich im ADFC gut vernetzt war, habe ich den Beruf dann auch für den Radtourismus einsetzen können. Vier Jahre lang war ich Regionalmanager für Bett+Bike Schleswig-Holstein und Hamburg und im Fachausschuss Tourismus des ADFC. Mein heutiger Job im Tourismus, lässt mir leider nicht mehr so viel Raum für ein Engagement im Radtourismus.

Und, bevor hier der Gedanke aufkommt, ich fahre nur Rad, nein, fast genauso gerne bin ich zu Fuß unterwegs. Nochmal etwas langsamer, noch etwas näher an der Landschaft und der Natur. Ich denke das reicht zu meiner Person. Schließlich wollen deine Leser mit Sicherheit etwas über meine Fahrradreise durch Deutschland wissen.

Du hast Deutschland einmal von Nord nach Süd mit dem Fahrrad durchquert. Wie bist Du auf diese Idee gekommen?

Die Idee ist schon 1977 entstanden. Ein Schulfreund und ich, wir wollten von Zuhause aus, damals lebte ich noch in Südhessen, an die Ostsee fahren. Einige persönliche Pannen haben uns aber davon abgehalten. So ist der Plan erst mal in der Schublade verschwunden. Und schneller als man schaut, lebt sich das Leben, dann ist man in der Mitte angekommen und der Plan liegt immer noch ungebraucht rum.

Der Brocken

2011 hat sich dann so ein berufliches Zeitfenster ergeben, ich wohnte mittlerweile in Norddeutschland, was lag da also näher als den Plan wieder rauszuholen und die Tour jetzt in die andere Richtung zu machen.

Du bist ganz im Norden in Flensburg am Museumshafen gestartet. Wie ging es dann weiter?

Ab durch die Mitte, könnte man verkürzt sagen. Ich wollte nicht durch die ganz großen Städte fahren. So war Lauenburg der beste Übergang über die Elbe. Von da ging es in fast gerader Linie über Lüneburg, Gifhorn und Wolfenbüttel nach Bad Harzburg.

Hinter dem Harz haben die Täler eher eine Rolle gespielt. Vorbei an Fulda, wollte ich auf ein Eis nach Gemünden. Von dort ging es etwas den Main hinunter, um dann durch das Taubertal auf die Romantische Straße zu kommen. Bis auf Augsburg und Füssen, meinem Ziel, bin ich durch die Orte im Süden eher zufällig durchgefahren. Ich hatte keine Ahnung von dem, was mich dort erwartet.

Viele meiner Leser wird die Vorbereitung auf eine solche Reise und die Ausrüstung dafür interessieren. Deshalb möchte ich erst einmal darauf eingehen: Wie und nach welchen Kriterien hast Du die Streckenführung geplant und welche Hilfsmittel zur Navigation hattest Du unterwegs dabei?

Die Planung war für mich eigentlich recht einfach, da ich nicht gerne zu viel vorausplane. Flensburg und Füssen, das sind etwa die nördlichsten und südlichsten Punkte in Deutschland, die gut mit der Bahn zu erreichen sind. Beide Städte fangen mit einem F an, das hörte sich gut an und schon waren die Start und Ziel festgelegt.

Der „Nationalpark Harz“ ist geschafft

Auf der ADFC-Entdeckerkarte habe ich, meist anhand von Fernradwegen, grob die Strecke eingezeichnet. Die Kriterien dazu waren – ich möchte nicht durch sehr große Städte fahren, ich wollte durch den Nationalpark Harz, in Gemünden war ein Besuch einer besonderen Eisdiele Pflicht und in Augsburg wollte ich die Fuggersiedlung und den Eiskanal besuchen.
Damit war die Vorplanung schon abgeschlossen. Die Tagesetappen habe ich abends im Zelt geplant und dann geschaut, was der Tag so bringt. Die Länge der Etappen hat sich dabei auch an dem Vorhandensein von Übernachtungsmöglichkeiten orientiert.

Navigiert habe ich ganz klassisch mit ADFC-Radtourenkarten im Maßstab 1:150.000. Diese habe ich mir unterwegs immer für den nächsten Abschnitt gekauft. Heute würde ich das etwas anders machen. Mittlerweile plane ich meine Touren am PC vor und navigiere dann mit dem Smartphone. Nicht immer ist die Ausschilderung optimal. Spätestens wenn man die touristischen Routen verlässt, ist es deutlich entspannter, einfach der Linie auf dem Display nach fahren zu können. Als Grundlage zur Planung, würde ich aber immer noch zur Karte greifen. Damit lassen sich die Wegequalitäten besser einschätzen und der Überblick ist einfach besser.

Wie war die Strecke insgesamt beschaffen? Hast Du dies bei der Vorbereitung berücksichtigt und wenn ja: wie bist Du dabei vorgegangen?

Auf den ADFC- Karten kann man ganz gut die Nebenstraßen heraussuchen. Auf diesen wollte ich auch bevorzugt unterwegs sein. Im Großen und Ganzen lag ich damit auch richtig. Mit einigen kleinen Ausnahmen, wie zum Beispiel in der Lüneburger Heide. Dort sind mir noch einige sandige Abschnitte in Erinnerung oder wildes Gehoppel auf Kopfsteinpflasterabschnitten. Am Lech entlang bin ich oft über feinsten Kies gerollt. Das lief auch richtig gut.

Der übelste Abschnitt war hinter dem Harz. Aufgrund von schlechter Wegbeschreibung von Einheimischen und nicht mehr aktueller Ausschilderung, durfte ich ein Stück des Kolonnenwegs der ehemaligen Deutsch Deutschen Grenze testen. Die langen Löcher in den Betonplatten sind alles andere als fahrbar.

Irgendwo in Hessen

Bis zum Harz war die Tour eher flach. Da hat manchmal der Wind die Berge ersetzt. Nach dem Brocken habe ich die Route möglichst in den Flusstälern entlang geplant. Selbst beim Wechsel von einem in das andere Flusstal über den Berg, blieben die Steigungen moderat. Und wenn man von der Fulda an die Sinn wechselt, darf man sich dann auch mal über fast 40 Kilometer Abfahrt freuen.

Die gesamte Tour findet man ja als Karte mit GPS-Track zum Download auf Deinem Blog. Würdest Du bei der Streckenplanung/Streckenführung heute etwas anders machen?

Kaum. Bis auf die Bundesstraße hoch nach Torfhaus, war ich mit meiner Route ganz zufrieden. Ich hätte im Traum nicht daran gedacht, dass eine vierspurige Bundesstraße in den Nationalpark hinein führt. Das hat mich ebenso schockiert, wie der riesige Parkplatz oben in Torfhaus. Und natürlich der Abstecher auf dem Kolonnenweg – den hätte ich mir auch gerne erspart.

Ich habe auf Deinem Blog gesehen, dass Du mehrere Räder für Touren besitzt. Welches davon hattest Du dabei?

Ich fahre ein Rennrad und einen Randonneur. Randonneur kommt aus dem Französischen und bedeutet Wanderer. Also ein klassisches Reiserad mit Rennlenker. Für Touren mit viel Gepäck, kommt nur mein Randonneur, ein Stevens Gran Tourismo, in Frage. Das Rad kommt gut mit über 20 Kilo Gepäck aus und läuft dabei immer noch richtig schnell. Aus meiner Zeit bei einem Radhändler, weiß ich aber, dass viele Menschen bei einem Rennlenker am Rad zurückschrecken. In der richtigen Höhe und mit dem richtigen Abstand zum Sattel angebracht, ist er für mich ein Wunderwerk an Komfort.

Mainradweg bei Lohr

Das Rennrad kommt zum Reisen nur sehr selten zum Einsatz. Hier geht es nur mit einem Rucksack, das mag ich nicht besonders, oder die Taschen müssen leicht sein, sonst leidet das Fahrverhalten des Rades zu sehr. Dennoch kann es Spaß machen, mit fast nichts unterwegs zu sein und sich den ganzen Tag nur mit Vorrankommen zu beschäftigen.

Wo und wie hast Du unterwegs übernachtet und wie hast Du Dich ernährt?

Übernachtet habe ich bevorzugt auf Campingplätzen und in Jugendherbergen. Ich mag es „einfach“ wenn ich auf Tour bin. Außerdem brauche ich abends nur ein Bett und eine Dusche. Ein tolles Zimmer in einem Hotel würde ich ja fast nur mit geschlossenen Augen sehen.

Beim Essen bin ich ein ziemlicher Muffel. Den Kocher habe ich nur dabei, weil ich morgens meinen Kaffee trinken will. Sonst bleibt die Küche kalt. Weiter im Süden bin ich auch öfter Mal essen gegangen. Das Wetter war einfach toll und ich liebe es im T-Shirt draußen zu sitzen, Menschen zu beobachten und dabei etwas zu trinken oder zu essen.

Hast Du Dir die Zeltplätze vorher herausgesucht die Du anfahren wolltest, oder wie hast Du das eher spontan gemacht? War es einfach Plätze zu finden? Gab es Qualitätsunterschiede und worauf sollte man bei der Auswahl im Vorfeld achten?

Auf der Wasserscheide zwischen Weser und Main

Die Etappen habe ich auch nach dem Vorhandensein von Campingplätzen oder Jugendherbergen geplant. Dort übernachte ich auch gerne. Beide sind in der Regel in den Karten eingezeichnet. Das heißt aber auch, sich von der Qualität überraschen zu lassen. Je niedriger die Ansprüche aber sind, desto weniger können sie enttäuscht werden.

Bis auf eine Ausnahme war aber alles gut gewesen. Und die Ausnahme habe ich auch noch selbst verbockt – bei meinem ersten Campingplatz in Ascheberg. Eigentlich hätte ich es schon auf der Karte sehen können, dass eine Kreuzung aus Bahnlinie und Straße, fast direkt am Campingplatz, nicht geeignet ist für eine ruhige Nacht.

Mit dem Zelt zu reisen, bedeutet ja immer auch mehr Gewicht auf dem Rad und Deutschland ist ja nicht überall flach. War das unterwegs ein Problem?

Eigentlich nur einmal. In Sankt Andreasberg, da hat es 15% Gefälle und meine Bremsen waren am Anschlag. Mit jedem Tag, an dem man unterwegs ist, gewöhnt man sich mehr an das Gewicht. Und knapp über 20 Kilo sind auch noch nicht zu viel.

Welches Zelt hattest Du dabei und hat es sich bewährt?

Mein Zelt, ein Tunnel von Tatonka, hatte sich schon die letzten 20 Jahre auf verschiedenen Touren bewährt. Auf dem Campingplatz in Schlitz, habe ich allerdings beschlossen, mich von ihm zu trennen. Dort lernte ich ein holländisches Pärchen kennen. Sie hatten ein größeres und trotzdem noch leichteres Zelt dabei. Da ist mir klar geworden, dass sich auch die Zelte in den letzten 20 Jahren weiter entwickelt haben. Seit zwei Jahren bin ich nun mit einem MSR Elixir 2 auf Tour. Die zwei Kilo weniger machen sich auch und besonders im Packvolumen bemerkbar.

Welche Ausrüstung kannst Du für eine solche Tour empfehlen?

Zu allererst meine Ortliebs. Es hat schon seinen Grund, dass es die meistgenutzten Fahrradtaschen bei Reiseradlern sind. Nicht verzichten möchte ich auf die Therm-a-Rest Trail Lite Isomatte. Sie ist bequem, warm und ein guter Kompromiss zwischen Komfort und Gewicht.

Als Werkzeug habe ich ein Topeak Alien mit auf Tour. Da ist bis zum Reifenheber alles für eine Notreparatur dran. Leider musste ich es auch einmal benutzen, um einen Platten zu flicken. Ich glaube das Teil ist nun schon fast 20 Jahre bei mir.

Zwischen Berlin und Weitewelt

Damals hatte ich noch einen Trangia Kocher mit Gasbrenner, zusammen mit dem Espressokocher ein Garant für zufriedene Morgenstunden. Den Trangia habe ich leider dem Gewicht geopfert und mir vor zwei Jahren einen leichteren Kocher gekauft. 100 Gramm weniger, die sich absolut nicht gerechnet haben.

Damit es nachts schön kuschelig ist, kommt meist mein North Face Lynx Schlafsack mit. Ein wunderbarer Sommerschlafsack, der mit langer Unterwäsche auch mal knapp unter 10 Grad gut zu nutzen ist. Auch das Gewicht und das Packmaß sind einfach klasse.

Dann gibt es noch meine Windjacke, eine Vaude Dundee. Mein absolutes Lieblings-Kleidungsstück. Schön winddicht, leicht, luftig und nicht zu eng. So passt auch mal eine zweite Fleecejacke drunter.

Was hast Du „mitgeschleppt“, was Du überhaupt nicht gebraucht hast?

Meine Regenhose habe ich nie gebraucht. Sonst habe ich nichts mehr mit, was ich nicht brauche. Mit jeder Tour wächst die Erfahrung und die Taschen werden leichter.

Du bist ja auch Eventfotograf und hast deshalb wahrscheinlich besondere Ansprüche an Deine Kameraausrüstung. Was hattest Du dabei?

Auf dieser Tour war noch eine Sony Alpha 55 im Gepäck. Dazu ein Tamron 24-70 und 70-200 mm, beide mit Blende 2.8. Ein Cullmann Stativ Nanomax 250 und ein Funkfernauslöser, dessen Name ich hier nicht erwähne, weil er mich fast zum Wahnsinn getrieben hat – wir haben uns nach der Tour auch getrennt. Dazu kommen noch zwei Filter je Objektiv, Ladegerät, Putztuch, Tasche, etc. Insgesamt macht das allein 5,2 Kilo Gewicht.

Auf meinem Blog habe ich nebenbei eine Excel-Tabelle zum Runterladen. Damit lässt sich das Gewicht des Gepäcks gut berechnen. Wer vorher weiß wieviel Gewicht zusammenkommt, lässt vielleicht eher etwas Unnötiges zuhause.

Hast Du einen ungefähren Überblick über die Gesamtkosten der Reise?

Puuh. Das habe ich noch gar nicht so überschlagen. Die Fahrt zum Startpunkt, das waren etwa 30,- €. Die Fahrt zurück aus Füssen kam auf etwa 100,- €, Also ca. 130,- € Fahrtkosten.
Die Jugendherbergen haben zwischen 30,- € und fast 50,- € pro Nacht gekostet. Vier oder fünf Nächte habe ich in einer Jugendherberge verbracht. Die Nacht im Hotel war mit 55,- € für das Einzelzimmer, auch nicht viel teurer als die Jugendherberge in Augsburg. Die Campingplätze lagen zwischen 5,- € und etwa 15,- €. Zusammen sind das wohl um die 300,- € bis 350,- € für die Übernachtungen.

Wenn ich nicht essen gegangen bin, bin ich mit Sicherheit günstiger weggekommen als zuhause. Da gab es ja nur Dose auf oder Brot zum Essen. Wenn ich essen gegangen bin, war es mal eine Pizza oder in Dinkelsbühl ein paar super leckere Semmelknödel, mit einer mindestens ebenso leckeren Schwammerlsoße. Du siehst, die Knödel sind mir immer noch in Erinnerung. In bester wohlgemerkt. Südlich des Mains bin ich dann auch auf den Geschmack von Bier gekommen. Bisher hatte ich um das Gebräu immer einen Bogen gemacht. Das gehört jetzt aber eigentlich nicht dazu.

Ein bisschen Eintritt für die Fugger-Siedlung kommt noch dazu. Da mögen wohl insgesamt so fünfhundert Euro für die 19 Tage zusammen gekommen sein. Die Zwischenfahrt nach Hause, habe ich jetzt nicht eingerechnet. Das macht man ja normal auch nicht.

Jetzt noch ein paar Fragen zur Tour allgemein: Die erste Etappe ging ja von Flensburg zu Deinem Wohnort Eckernförde und Du hast die erste Nacht noch in Deinem eigenen Bett verbracht. Was war das dann für ein Gefühl die Tour vor der eigenen Haustür zu starten und zu wissen, dass Du erst in 3 Wochen nach der Durchquerung von ganz Deutschland zurückkehren wirst?

Der erste Tag alleine auf Tour war gar nicht mal so besonders. Die Strecke kannte ich und lediglich das Gepäck am Rad war etwas anders. Erst nachdem ich über die Elbe gefahren bin, kam so ein Gefühl von – ich lasse jetzt etwas hinter mir und ich bin neugierig auf das was kommt -, auf. Bis zur Elbe hatte ich es gefühlt auch irgendwie eilig.

Zu welcher Jahreszeit bist du unterwegs gewesen und wie war das Wetter?

Ich bin im August gefahren. 2011 war ein regnerisches Jahr im Norden. Ich hatte aber irgendwie Glück. Entweder es regnete nachts oder ich konnte mich irgendwo unterstellen. So bin ich, bis auf dem Harz hoch nach Torfhaus, nie nass geworden. Nach dem Harz wurde das Wetter dann jeden Tag besser. Ab der Fulda waren es tagsüber immer über 30 Grad. Herrliches Radlwetter.

Meine Lebensgefährtin konnte ja nicht mitfahren. Sie arbeitet auch im Tourismus – arbeiten wenn andere Urlaub machen. Wenn wir abends noch telefoniert haben, hat sie mir von Regen und ich ihr von der Sonne erzählt. Ein bisschen Neid war von ihr dabei schon zu spüren.

Rothenburg ob der Tauber

Wie hast Du Dich unterwegs motiviert? Gab es dann im Verlauf der Tour Momente in denen Du gerne aufgegeben hättest? Hast Du Tipps wie man eine solche Reise unterwegs interessant gestaltet?

Motivieren musste ich mich nicht. Ich habe mich jeden Tag auf das gefreut, was da wohl kommen mag. Auf der Etappe hoch nach Torfhaus, hat mich die Steigung, mit dem vielen Verkehr und den letzten Kilometern im Regen, doch schon ziemlich geschafft. Ursprünglich wollte ich noch ein Stück weiter. Aber die Vorstellung von einem warmen Bett und etwas warmen zu Essen in der Jugendherberge dort oben, hat mich schnell davon überzeugt, den Tag auf dem Rad schon dort zu beenden.

Wie man die Tour interessant gestaltet, das muss wohl jeder für sich entscheiden. Für mich ist der Tag wichtig und das was sich unterwegs ergibt. Ich habe zum Beispiel aber auch ein Paar getroffen, das mit ihren Rädern von Kirche zu Kirche, von Kloster zu Kloster gefahren ist. Dort nach der Geschichte und den Geschichten zu forschen, das war ihr Größtes.

Und sollte es mal gar nicht laufen, weil es wie aus Kübeln schüttet oder der Wind einem die letzte Kraft aus den Beinen zieht, hilft es nicht, sich dauernd darüber zu ärgern. Es ist viel entspannter, die Dinge, die man nicht ändern kann, zu akzeptieren. Und zu guter Letzt, hilft oft ein Tag Pause.

Hattest Du Zeit und Lust Dir Sehenswürdigkeiten anzusehen, oder kam es Dir eher darauf an Strecke zu machen? Bist Du durch Städte gefahren?

Nein, Strecke machen war nicht so wichtig. Obwohl mir schon bewusst ist, dass ich mit bis zu 128 Kilometer am Tag manchmal etwas weiter gefahren bin, als der durchschnittliche Radurlauber. Bis auf Hamburg habe ich Städte nicht wirklich vermieden. Selbst Braunschweig hat eine hübsche Innenstadt und einen schönen Park. Das hätte ich nie gesehen, wenn ich außen rum gefahren wäre. Das Hauptproblem in den Städten war meist die mangelhafte Ausschilderung.

Fugger Siedlung Augsburg

Neben der Landschaft, sind es doch auch die Dörfer und Städte, die für mich eine Reise ausmachen. So wie sich die Landschaft verändert, hat sich auch fast mit jedem Tag der Baustil etwas verändert.

Ich kenne es von meinen Radtouren so, dass ich irgendwann in eine Routine, einen „Flow“ komme. Hattest Du auch so einen Punkt ab dem alles wie von selbst lief, und wann ist der erreicht gewesen.

Ja, das hat sich auf dem zweiten Teil meiner Reise eingestellt. Das war manchmal schon ein Gefühl, als würde ich an einem Seil durch die Landschaft gezogen werden. Besonders die Etappe von Dinkelsbühl nach Augsburg war so eine. Es war fast schon ein wenig schade, dass ich mein Tagesziel erreicht hatte.

Du musstest ja einmal für zwei Tage Deine Tour unterbrechen. Den Grund dafür erfährt man auf Deinem Blog. Wie lange hat es dann gedauert bis Du wieder in die Routine zurückgekommen bist, oder hatte das gar keinen Einfluss?

Das hat gar nicht gedauert. Im Gegenteil, die zwei Tage Pause vom Radfahren haben mir sehr gut getan. Schon am Tag hoch nach Torfhaus war es zu spüren, dass ich nicht mehr so richtig fit bin. Und am nächsten Tag ist mir jede kleine Steigung schwer gefallen. Nach den beiden Pausentagen war dann alle Energie wieder da und noch ein bisschen mehr. Von da an sind die Kilometer nur noch unter mir weggerollt.

Blick auf die Alpen

Wie war dann das Gefühl, als Du die österreichische Grenze erreicht hast. Bist Du damit an Deinem Ziel angekommen?

Das Zielgefühl hatte ich schon einen Tag vorher. Ich bin einen Berg hochgefahren. Hinter Landsberg, auf den „Balkon von Oberbayern“ angekommen, hat sich am Horizont vor mir die Silhouette der Alpen aufgetan. In diesem Moment hätte ich mich schon freuen müssen. Mein Ziel lag ja direkt vor mir. Ich würde es morgen erreichen.

Statt Freude hat sich aber eine Gewisse Traurigkeit breit gemacht. Die Tour war so voller Eindrücke, ich war aus der Zeit gefallen und nichts schien mir ferner, als nicht mehr weiterfahren zu können.

Ankunft in Füssen

In Füssen, an der Straße nach Österreich, war es dann das Schild der Via Claudia Augusta, das den Wunsch nach dem Weiterfahren nochmal verstärkt hat – mit der Vorstellung, jetzt einen Tag Pause zu machen und dann über die Alpen bis an die Adria zu fahren. Naja, man sollte ja auch noch ein paar Träume übrig haben.

Hast Du ein Fazit für diese Reise, das Du meinen Lesern mit auf den Weg geben kannst?

Ein Fazit für diese Reise? Ich glaube das fällt wie bei den meisten Reisenden aus. Wenn möglich einfach machen. Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch. Egal wieviel Kilometer man am Tag fährt oder ob mit oder ohne Motor am Rad, ob Deutschland oder Aserbeidschan. Das Erlebnis kann so unheimlich schön sein. Und wenn man das Radfahren in den Alltag integriert, braucht es in der Regel auch kein spezielles Training. Wie Du siehst, schwärme ich immer noch von meiner Tour. Für mich war es einer der eindrucksvollsten Reisen die ich gemacht habe.

Schloss Neuschwanstein

Das ist ein gutes Schlusswort, denke ich. Ich möchte jetzt auch nicht weiter auf die Details der Reise eingehen, sondern auf die sehr interessanten Berichte und schönen Fotos auf Deinem Blog und auf Deine Life-Foto-Reportagen verweisen, für die man Dich buchen kann. Links dorthin finden Sie weiter unten. Wolfgang, noch einmal ganz herzlichen Dank für die Antworten auf meine Fragen und für die Beschreibung der Tour auf Deinem Blog → !

Links zu Wolfgang Kromat:
Blogbeiträge zur Reise: Deutschland der Länge nach
Blog: entdeckergen.de
Live-Foto-Reportage: Deutschland der Länge nach
Steckbrief: entdeckergen.de/das-bin-ich/