Heute bin ich durch Benzin gefahren. Wie das kam? Das war so: Ich habe mich ja inzwischen ganz gut an die Radelei und das Zeltleben gewöhnt. Die alten Knochen murren nicht mehr ganz so sehr auf der Isomatte. Ist ja auch ein Luxusmodell von Aldi. Extrabreit und extradick, dafür aber auch extraschwer.
Die hier verlinkte Karte von Google-Maps zeigt einen ungefähren Überblick über die gefahrene Tagesetappe! (Externer Link)
Dass ich einen so langen Weg vor mir habe, von Waren bis Parchim, das wusste ich beim Aufstehen noch nicht. Nur halt, dass es in Waren losgeht. Denn da bin ich ja. Ein so langer Schlag war eigentlich nicht geplant, aber es lief halt so gut und die Gegend war schön. Allerdings muss ich ein bisschen mit Gefühl fahren. Darf nicht so hart antreten. Die Ritzel hinten sind zwar ausgetauscht, aber die Kette ist ausgeleihert und springt. Falls ich es bis nach hause mit dem Rad schaffen sollte kommt es auf den Schrott. Auch wenn das undankbar ist. Gegenüber dem Rad. Immerhin hat es mich bis hierher gebracht.
Bevor es losgeht brauche ich erst mal eine kleine Stärkung. Dabei schaue ich mir an wo es heute hingeht. Die Frau im Kiosk macht die Brötchen extra für mich frisch. Mit viel Liebe.
Die Müritz sieht aus wie das Meer. Man kann das andere Ufer nicht sehen.
Der Weg geht am See entlang nach Süden, immer mit Blick auf das Wasser oder die Felder. Ab und zu mache ich mal eine Pause. Sieht aus als würde ich Müll transportieren mit dem Rad. Der Sack hat auch schon Löcher. Also regnen darf es jetzt nicht mehr.
Den Schlenker nach Röbel schenke ich mir und schneide den Weg ab. Dabei komme ich durch Groß Kelle. Nüscht los hier. Ein paar Mehrfamilienhäuser mitten im Nichts. Davor ein Bäckerwagen. Vor mir ist eine alte Dame dran, die dann gebeugt ihre Tüte mit Brot und Brötchen nach hause trägt. Die Bäckerin sagt der Laden läuft nicht gut. Wenn in jedem der weit auseinander liegenden Orte nur drei Omas Brot kaufen ist das Benzingeld nicht wieder drin. Aber was wird aus den alten Leuten, wenn sie nicht mehr kommt? Das Teilchen ist jedenfalls lecker. Weiter geht es durch unendliche Kornfelder.
Bis irgendwann die Südspitze des Plauer Sees erreicht ist. Jetzt geht es am Ufer entlang, durch schattige Wälder.
Manchmal sieht man auch wieder Wasser, hier mit einem Wasserflugzeug.
Mal wieder Zeit für eine Pause. Bratkartoffeln mit Brathering. Lecker.
Plau am See ist ein ganz nettes Städchen.
Kurz vor Lübz passiert es dann. Ich fahre durch Benzin. Kopfsteinpflaster, kein Bürgersteig, links und rechts ein paar Häuser. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Man beachte das Ortsschild.
Dann kommt Lübz. Und hier geht die Müritz-Elde-Wasserstraße durch.
So langsam kann ich nicht mehr. In Parchim mache ich schon nicht mal mehr ein Bild. Der nächste Campingplatz ist erst bei Matzlow-Granitz eingezeichnet. Es stellt sich heraus, dass das nur eine Wiese am Kanal ist. Mit Tipi und Plumpsklo. Aber ganz schön.
Warmes Wasser gibt es nur wenn die Sonne scheint. Der Platzwart hat sich das hier alles selber mit wenig Geld aufgebaut. Vom Arbeitsamt unterstützt. Er hat sein Büro in einem Bauwagen, trägt ein großes Messer am Gürtel und ist begleitet von seinem Schäferhund. Er nimmt 3,50 für die Nacht. Davon kann man nicht leben.
Bevor er nach hause fährt sagt er noch irgendwas davon, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Es sei hier lange nichts mehr vorgefallen. Äh. Was jetzt. Sein Wagen verschwindet im Wald. Parchim. Campingplatz. Da war doch was. Oh nein. Wo bin ich hier gelandet. Und kein Mensch weit und breit. Kurz vor Einbruch der kommen noch 2 Jungs im Faltkanu an. Die wollen morgen ganz früh weiter bevor der Platzwart kommt, dann brauchen sie nicht zu bezahlen. Ich liege noch länger wach. Lausche, ob sich Mofas nähern. Aber es bleibt ruhig.