Es ist Juni. 2 Tage nach Mittsommernacht. Meine Vorstellung von diesem Fest ist geprägt von Bildern auf denen fröhliche Schweden in Trachten bei strahlendem Sonnenschein auf saftigen grünen Wiesen tanzen. Ich komme von einem Vorort im Süden der Stadt und trete aus dem hässlichen Busbahnhof Slussen auf die Hochstraße. Hier trennt eine Schleuse das Süßwasser des Mälarensees vom Salzwasser der Ostsee. Über mir dunkle Wolken, ich ziehe mir schon einmal vorsichtshalber die Kapuze über und freue mich, dass ich mich doch dazu entschieden habe einen dicken Pulli unter der Jacke anzuziehen. Es ist 9 Grad kalt, kälter als dieses Jahr am Neujahrstag in Deutschland.
Mein Blick fällt auf die Insel Skeppsholmen. Davor liegt der alte Dreimaster Af Chapmann, auf dem ich bei meinem letzten Besuch hier vor fast 20 Jahren übernachtet habe. Damals musste ich den Aufenthalt wegen eines Kälteeinbruchs abbrechen, und auch jetzt überlege ich, ob ich nicht einfach wieder in den Bus steigen soll. Es fängt an zu regnen. Mein Busticket ist noch nicht abgelaufen und gilt auch für die Schiffslinien innerhalb der Stadt. Also lasse ich die Altstadt erst einmal links liegen rette ich mich auf die Fähre zur Museumsinsel Djurgården.
Dort befindet sich direkt neben dem Anleger ein Rummel. Ein paar Unentwegte lassen sich auf der Achterbahn und im Karussell die dicken Regentropfen ins Gesicht peitschen. Was man halt so macht, wenn man eine fremde Stadt besucht. Mein eigentlicher Plan, mich vor der Kälte im Vasa-Museum zu verstecken, wird mir durch eine endlose Schlange vor der Kasse verleidet. Ich war wohl nicht der Einzige, der diese Idee hatte.
Der Regen hat nachgelassen. Also entschließe ich mich auf dieser wunderschönen Insel spazieren zu gehen. Ich folge dem Ufer, immer wieder ziehen dunkle Wolken heran und entleeren sich. Kalter Wind geht über das Wasser und die Insel. Trotzdem ist es irgendwie schön und ich entdecke interessante Ecken.
Immer wieder tauchen alte Herrenhäuser auf wie die Waldemarsudde von Prinz Eugen, wo seine Kunstsammlung besichtigt werden kann. Von hier aus hat man bei gutem Wetter sicher einen phantastischen Blick zurück auf die Stadt.
Weil sich der Himmel immer mehr verfinstert kürze ich ab und gehe über den Hügel direkt zum Rosendahl Garten, den ich mir auch gerne angesehen hätte. Aber jetzt fängt es richtig an zu schütten. Der Weg zurück in die Stadt am Ufer entlang ist eigentlich wunderschön – aber nicht bei Regen. Ich könnte jetzt einen Kaffee vertragen.
Wieder in der Stadt beeindruckt mich die imposante Architektur an der Uferpromenade. Gerne hätte ich Abstecher in die dahinter liegenden Straßen gemacht. Jetzt bin ich nur froh, dass ich einigermaßen trocken das Opernhaus und das Schloss erreiche.
Durch die Altstadt ziehen Gruppen von Touristen in durchsichtig en Regencapes und mit bunten Regenschirmen. Auch hier sind die Straßencafés verwaist, und so nehme ich bei nächster Gelegenheit die U-Bahn nach Slussen.
Der Bus bringt mich zurück nach Gustavsberg im Osten von Stockholm. Die Verkäuferin in meiner Lieblingsbäckerei bestätigt mir, was ich befürchtet habe. Das Wetter da draußen ist hier ganz normal zu dieser Jahreszeit. Auf der Segelyacht, auf der ich mich die letzte Woche durch die umliegenden Schären gefroren habe, schalte ich die Heizung an. Ich freue mich auf meinen Heimflug. Eine Woche später ist dann in Schweden der Jahrhundertsommer ausgebrochen. Ohne mich.
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