Radreise durch Südschweden

Es war der 1. Mai, Frühling, die meisten Bäume hatten schon längst ihre Blätter, es war warm und die Sonne schien. Und so dachte ich, das müsse überall so sein. Ich hatte lange keine Radtour mehr gemacht, war seit der Wende noch nie in Ostdeutschland gewesen, wollte gerne wieder einmal nach Skandinavien, aber nicht unbedingt nach Norwegen. Also warum nicht eine Radtour durch Schweden machen und dabei noch Rügen kennenlernen? Mein grober Plan sah vor: Von Stralsund über Rügen bis Sassnitz radeln, von dort nach Bornholm übersetzen, die Insel umrunden, nach Ystad in Schweden übersetzen, bis zur Insel Öland fahren, von deren nördlicher Spitze nach Gotland übersetzen, die Insel umrunden, dann nach Stockholm übersetzen und von dort mit dem Zug die Heimreise antreten. Dafür hatte ich im Höchstfall 18 Tage Zeit.

See in Schweden

Das sah auf der groben Karte, die ich mir von Südskandinavien kaufte, alles super und machbar aus und die eingezeichneten Fährlinien versprachen gute Verbindungen über das Wasser. In Schweden sollte es „Vandrehjeme“ geben, die ungefähr den deutschen Jugendherbergen entsprachen. Ich glaube ich hatte mir sogar einen Plan dafür besorgt, wo die Standorte eingezeichnet waren. In Deutschland und Dänemark würde sich schon was anderes zum Übernachten finden. So dachte ich, kaufte eine Fahrkarte nach Stralsund und stieg am späten Vormittag in den Zug.

Die hier verlinkte Karte von Google-Maps zeigt einen ungefähren Überblick über die gefahrene Tagesetappe! (Externer Link)

Die Fahrt ging recht gut um, zwischendurch unterhielt ich mich mit meiner Nachbarin, Zahnmedizinerin aus Rostock. Dummerweise gab es nichts mehr zu Essen im Bistro, womit ich eigentlich gerechnet hatte. Um 20 Uhr kam ich in Stralsund an, hatte keinen Plan wo ich unterkommen sollte, aber Rügen war ja Ferieninsel, würde schon was kommen. Ich fuhr einfach stumpf Richtung Saßnitz, immer den Schildern nach. Ich überquerte den Rügendamm und bog Richtung Garz ab, Deutsche Alleenstraße.

Es wurde langsam dunkel und ich sah mich nach einem Quartier um. In Gustow ging ich in einen Gasthof, aber es war zu teuer. Jedenfalls wusste ich jetzt aber wo ich übernachten konnte, falls ich nichts günstigeres mehr finden würde. Ich fuhr durch eine Siedlung und fragte irgendwann Leute, die draußen vor ihrer Garage standen. Ich war inzwischen 12 Kilometer gefahren.

Jetzt wurde ich im halben Ort herumgeschickt bis ich bei einem Haus ankam, dessen Eingangstreppe fehlte. Man bot mir ein Zimmer für 25 Mark im Keller an. Die Frau sagte mir, ich hätte großes Glück gehabt. Bis Vorgestern hatte sie das Zimmer noch an einen Staatsanwalt dauervermietet, der hier nach der Wende zum Aufbau der Justiz eingesetzt gewesen war. Ich wollte telefonieren gehen, hatte aber kein Kleingeld. Ich sprach noch einmal mit den Männern, die mir geholfen hatten und inzwischen in ihrer Garage Bier tranken, bedankte mich bei Ihnen für ihren Tipp, wollte dann im Gasthof selber einen trinken gehen und Geld wechseln, aber der machte gerade zu. Ich ging zurück, schrieb Tagebuch und legte mich hin.

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