Chioggia

Das Wetter ist immer noch durchwachsen, aber wir sind trotzdem unternehmungslustig und wollen die kleine vergessene Schwester von Venedig besuchen: Chioggia. Wir fahren mit dem Bus über den Lido, der sich lang nach Süden erstreckt. Ab und zu geht es über eine Brücke und zwischendurch nimmt der Bus auch mal eine kleine Fähre. Wir verlieren die Orientierung, die Verständigung ist nicht einfach, aber soweit wir es verstehen sind wir noch auf dem richtigen Weg. Wir sind die letzten Fahrgäste, der Bus hält im Nirgendwo. Endhaltestelle. Wir steigen aus. Der Bus fährt weg. Wir haben das Gefühl, dass wir hier nie wieder wegkommen. Auf dem Wasser nähert sich ein kleines Schiff und legt an. Erst jetzt verstehen wir, dass wir das letzte Stück auf dem Wasser zurücklegen müssen.

Unterwegs nach Chioggia

Inzwischen sind wir schon fast eine dreiviertel Stunde unterwegs, die Schiffsfahrt ist ruhig, wir sitzen unter Deck, Chioggia taucht im Dunst auf, eine Werft, Kräne, ein Fischerboot, tausende von Möwen drum herum. Man kann aber schon vom Schiff aus sehen, dass die Hauptstraße überschwemmt ist.

Hafen von Chioggia und Hochwasser in der Stadt

Es sieht fast so aus, als könne man den Anleger nicht verlassen. Gut, es gibt ein paar trockene Stellen. Ich schaue vorsichtshalber schon mal nach, wann eine Fähre zurück fährt.

Überschwemmter Platz

Irgendwie werden wohl gerade die Straßen ausgebessert, alles ist aufgerissen, wir versuchen es einmal um die Ecke und werden beinahe noch vom Wasser abgeschnitten. Ich würde doch noch gerne den Fischmarkt sehen, vielleicht Richtung Hafen.

Überlaufender Kanal mit Fischerbooten

Wir gehen durch eine dunkle Gasse, auch hier ist kein Durchkommen, wir wollen bloß wieder zurück. Als wir auf der großen Brücke sind sehen wir noch gerade das Schiff abfahren. Jetzt müssen wir noch eine Stunde warten bis das nächste kommt. Lass uns in die Bar da rüber gehen. Dort angekommen sieht sie geschlossen aus, ich will schon weitergehen, aber drinnen steht ein Mann und ein Schäferhund sitzt unter dem Tresen. Also gehen wir rein, bestellen Capuccino, ich frage nach Pizza, aber die gibt es erst abends. Es ist schön warm, wir genießen gerade unseren Kaffee, als ein großer Mann mit schwarzem Anzug und Sonnenbrille, und in seinem Gefolge ein kleiner Mann mit Bart und langem Haar hereinkommt. Der Schäferhund robbt mit eingezogenem Schwanz rückwärts, der Mann hinter der Bar bekommt ein ängstliches Gesicht, hört auf zu essen und springt hin und her. Wir bezahlen schnell und machen, dass wir hier raus kommen.

Cafés unter Wasser

Wir finden einen trockenen Weg unter den Arkaden entlang der Hauptstrasse. Das Wasser ist wohl etwas zurückgegangen. Vor einem Hotel stehen der Kellner, der Koch und eine Küchenhilfe und winken uns zu. Sie sind vom Wasser eingeschlossen und können keinen Schritt vor die Tür machen. Wir gehen weiter. Jungens fahren mit ihren Rädern durchs knietiefe Wasser, drüben ist die Markthalle, in der wahrscheinlich normalerweise der Fischmarkt stattfindet. Steht auch unter Wasser, es geht nicht mehr weiter. Eine ältere Dame holt ihre Gummistiefel aus einer Plastiktüre, zieht sie an und verschwindet durchs Wasser watend um die Ecke. Wir müssen zurück zum Hafen.

Chioggia

Das Schiff ist schon in Sicht, wir erreichen den Hafen trotz der Umwege die wir laufen müssen noch rechtzeitig und gehen an Bord. Wir klettern aufs höchste Deck, das Schiff legt ab, Chioggia verschwindet im Dunst. Plötzlich fängt das Schiff an zu wackeln, es legt sich fast auf die Seite. Wir befinden uns zwischen zwei Inseln und das Wasser läuft durch diese Enge aus der Lagune heraus. Es wir immer schlimmer, ich habe den Eindruck das Schiff kentert gleich. Aber die Bootsleute auf der Brücke sitzen ganz ruhig da und unterhalten sich als wäre nichts. Scheint normal zu sein.

Die Rückfahrt mit dem Bus zieht sich, gegen 16 Uhr sind wir zurück am Hotel und wir ruhen uns erst mal aus. Gegen 18 Uhr bekommen wir Hunger, aber die Lokale haben noch gar nicht auf. Also gehen wir am Strand spazieren, finden unterwegs eine nette Pizzeria, laufen an der Lagune zurück und riskieren noch einen Blick auf Venedig. Es sieht für mich aus, als würde morgen die Sonne scheinen.

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