Ich schlief ziemlich prompt ein, wachte um halb 2 wegen irgendwelchem Getrampel im Flur oder über mir auf, um 5 Uhr noch einmal, und stand um 8 Uhr ziemlich verschlafen auf. Ich nahm das Frühstück drüben im Hotel ein, packte meine Sachen und fuhr los. Nach einem Kilometer erreichte ich ein Fahrradgeschäft und kaufte neue Pedalen, die ich sofort mit dem Werkzeug des Händlers anbrachte. Die alten hatten den ganzen letzten Tag geknackt, jetzt war Ruhe. Es war leicht dunstig, ich musste die Ausfallstraße nehmen und bog dann nach rechts ab, aber falsch. Nach 7 Kilometern war ich durch Gegenwind hindurch wieder auf der Hauptstraße, der ich kurz folgte und wieder abbog. Diese Nebenstraße brachte mich zu einem schönen Schloss, Trolle Ljungby, das ich natürlich knipste.
Bisher war ich nur durch große Agrarflächen gefahren, aber hier fing endlich Schweden an Schweden zu werden, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Rote Holzhäuser und dicke Steinbrocken. Aber das hielt nicht lange an, da kam auch schon eine riesige Fabrik. Ich kaufe an einem Kiosk etwas zu trinken und aß eins von den Brötchen von gestern. Die Straßenschilder zeigten nach Bromölla, aber eigentlich wollte ich nach Sölvesborg. Dort gab es einen Bahnhof. Ich plante bis Karlskrona mit dem Zug zu fahren, weil es mir heute nicht gut ging. Mich plagten Halsschmerzen und die lange Fahrt von gestern stecke mir ziemlich in den Knochen.
Die hier verlinkte Karte von Google-Maps zeigt einen ungefähren Überblick über die gefahrene Tagesetappe! (Externer Link)
Ich sah auf die Karte, Bromölla hatte auch eine Haltestelle, also brauchte ich gar nicht so weit zu fahren. Im Ort fragte ich eine junge Schwedin mit Kinderwagen nach dem Bahnhof und sie wies mir den Weg. Als ich ankam war es viertel vor 12, der Fahrkartenschalter öffnete erst wieder um 12 Uhr 35 und der nächste Zug ging um 12 Uhr 47. Ich fuhr wieder weg, fand ein nettes Plätzchen an einem See und las in meinem Buch.
Irgendwann wurde es zu kühl, ich setzte mich in den Warteraum uns las weiter. Um halb eins bewegte sich was am Schalter und ich musste erfahren, dass ich mit dem Rad auch hier nicht zusammen reisen konnte. Mist. Was jetzt. Es blieb nichts anderes übrig, als doch mit dem Rad zu fahren. Etwas entnervt fuhr ich die 10 Kilometer bis Sölvesborg in 20 Minuten, ließ es rechts unten liegen und weil es so schnell ging sah ich mich schon die 90 Kilometer bis Karlskrona in 4 Stunden fahren, obwohl ich bis Bromölla schon 40 Kilometer gefahren war.
Die Pläne wurden jäh durchkreuzt: die Europastraße mündete in einer Autobahn und meine Karte war zu ungenau um einen Ausweg zu finden. Ich musste also doch zu meinem großen Ärger hinunter nach Sölvesborg fahren. Im Touristenbüro erhielt ich eine Karte mit einem eingezeichneten Fahrradweg dem ich folgen sollte. Diese Route entpuppte sich als sehr schön, endlich nicht mehr nur Straße sondern auch Gegend und Dörfer.
Auf dem Weg lag teilweise noch sehr viel Split und später erfuhr ich, dass der Schnee hier erst letzte Woche geschmolzen war. Schon auf Rügen hatte ich festgestellt, dass die Bäume noch längst nicht so grün waren wie zu hause. Eigentlich hatte noch keiner richtig Blätter, jedenfalls kam es mir so vor. Irgendwann kam ich wieder auf die E-Straße. Nach einem Blick auf die Karte dachte ich, ich müsste jetzt nach Rechts fahren und fuhr. Zum Glück hielt ich an einem Imbiss an, bestellte Fischburger und fragte wo wir seien. Ich hatte mich etwas verfahren und musste jetzt in die völlig andere Richtung. Es war immer wieder sehr schwer den richtigen Weg zu finden, weil die Radwegeschilder nur dünn gesät waren, aber bis Karlshamn klappte es ganz gut.
Ich beschloss die Route, abzuschneiden, fragte zwei Jungs nach dem Weg, unterwegs wurde ich unsicher und fragte eine Frau, die ich auf ihrem Fahrrad überholte, ob dies die richtige Richtung sei. Es wurde sehr hügelig, ich musste schon ganz schön reintreten, aber irgendwoher hatte ich ungeheure Kräfte. Ich kam viel besser voran als heute Morgen auf dem flachen Land. Ich schaffte zwar viele Kilometer, die kamen aber durch die vielen Umwege zustande, und nicht weil ich auf der Karte voran kam. Außerdem lief mir die Zeit weg.
Ich war gerade einen Hügel hinauf gefahren als ich wieder nicht wusste wo ich war. Ich fragte eine Familie die beim Essen in ihrer Laube saß. Erst waren sie etwas erschrocken, als sie mich mit meiner Sonnenbrille und dem Halstuch sahen, das ich mir wegen der brennenden Sonne um den Kopf gebunden hatte. Ich sah aus wie ein wilder Rocker, meine Lippen waren aufgeplatzt und wahrscheinlich stank ich nach Schweiß bis zu ihnen herüber. Dann merkten sie aber, dass ich in friedlicher Mission unterwegs war und gaben mir freundlich Auskunft. Ich war auf dem richtigen Weg. Ich wünschte guten Appetit, fuhr durch Aryd und einige Kilometer weiter bog ich ab Richtung Saxamora am Meer. Wieder wurde es noch schöner, kleine Ferienhäuser, Bauernhöfe, Wald und immer ging es rauf und runter, ich dachte ich sei jetzt gewaltig hoch hinauf gefahren, musste aber nach der nächsten Kurve feststellen, dass ich immer noch auf Meereshöhe war. Vor mir breitete sich ein Meeresarm aus.
Vorher hatte ich noch an einem Rastplatz Wasser getankt und mich ein wenig gewaschen. Leider konnte ich die schöne Gegen immer weniger genießen, ich wurde schwächer und musste feststellen, dass mein rechter Oberschenkel völlig von der Sonne verbrannt war, denn rechts war sie über den Tag entlang gewandert. In Saxamora kaufte ich mir ein Mars, was mich erst einmal rettete. Kurz danach wusste ich nicht weiter und stellte mich mit der Karte an den Straßenrand, als ein Lastwagenfahrer hupte und anhielt. Er beschrieb mir den Weg zur Jugendherberge in Ronneby. Ich verpasste allerdings den rechten Weg in Ronnebyhamn und fuhr zu meinem großen Entsetzen einmal um den gesamten Ort herum. Kurz vor dem Zentrum fragte ich eine attraktive Schwedin, aber sie wusste nicht bescheid, dafür eine andere.
Ich fand es auch bald, bekam ein Zimmer und dann ging die Frau von der Rezeption nach hause. Schwein gehabt. Fünf Minuten später hätte ich vor verschlossenen Türen gestanden. Ich war 136 Kilometer gefahren und hätte keinen Zentimeter weiter gekonnt. Ich duschte, konnte mich aber wegen innerer Unruhe nicht lange ausruhen und ging in den Ort. Ich fand einen Imbiss und aß eine Menge Kebab mit Pommes, schlenderte durch die Fußgängerzone und hinauf zur Kirche, der Heliga Kors Kyrka.
Zu Hause schrieb ich Tagebuch und legte mich aufs Bett. Mein Oberschenkel brannte, das Gesicht war verglüht, ich hatte Halsweh, Muskelkater in den Beinen und die Knie knackten wie gestern die Pedalen. Nachdem ich mich tüchtig selber bedauert hatte schlief ich ein.