Ich wachte kurz vor 8 Uhr auf und kam pünktlich zum Frühstück. Bis ich gepackt hatte war es 9 Uhr und ich machte mich auf den Weg. Die Sonne schien klarer als gestern, der Wind kam von halb links vorne, ich ließ mir Zeit und rechnete mir aus gegen halb 11 Uhr in Kalmar zu sein.
Die hier verlinkte Karte von Google-Maps zeigt einen ungefähren Überblick über die gefahrene Tagesetappe! (Externer Link)
Das haute auch so ungefähr hin, ich war sogar noch etwas schneller. Ich fuhr gar nicht erst ins Zentrum, sondern folgte den Schildern nach Öland. Ich musste auf einen Radweg und verpasste so die Abzweigung zur Brücke, fragte 2 kleine Jungs wo es langging, aber sie verstanden mich nicht. Ihre Mutter brachte mir eine Karte mit der ich dann den richtigen Ort fand. Kurz vor der Überfahrt machte ich Bilder von der Brücke. Leider war es über dem Wasser etwas dunstig, aber der Blick zurück nach Kalmar war sehr beeindruckend.
Ich fuhr über die höchste Stelle, rollte die andere Seite herunter und ließ mich vom Rückenwind nach Öland treiben. Jetzt war es Zeit für einen Imbiss. Ich fuhr ein Stück auf dem Seitenstreifen der Autobahn um zu einer Raststätte zu kommen, kaufte eine Cola und aß dazu ein Brötchen, dass ich mir beim Frühstück geschmiert hatte. Ich sah das Zeichen für eine Touristeninformation und dachte mir ich könne da sicher ein paar Postkarten kaufen. Bei der Gelegenheit fragte ich nach Fähren nach Gotland und musste erfahren, dass es im Mai überhaupt keine Fähren von der Insel herunter gab. Der einzige Weg war die Brücke. Das zerstörte alle meine Pläne. Ich schrieb erst mal die Karten und überlegte dann was ich machen sollte.
Ich gab Öland auf und beschloss 80 Kilometer nach Norden bis Oskarshamn zu radeln und von dort die Fähre nach Gotland zu nehmen. Das schrieb ich auch auf die Karten. Auf der Rückfahrt über die Brücke bekam ich den totalen Hänger. Die Strecke nach Oskarshamn kam mir viel zu weit vor, die Moral sank auf einen Tiefpunkt. Aber es ging noch tiefer. Die Brücke ist über weite Strecken nicht besonders hoch und hat ungefähr in der Mitte einen Buckel, unter dem auch größere Schiffe hindurchpassen.
Ich schaffte es kaum dort hoch und auf der anderen Seite bremste mich der Wind bei der Abfahrt auf Schrittgeschwindigkeit herunter. Der Windsack am Ende der Brücke, der den Autofahrern den Seitenwind deutlich macht zeigte nach Süden. Also kam dieser kalte und heftige Wind aus Norden, genau da wo ich jetzt hin wollte. Und das über 80 Kilometer. Das haute mich endgültig um und ich beschloss die Tour hier abzubrechen, zum Bahnhof zu radeln, das Rad nach hause zu schicken und mit dem Zug weiter zu reisen.
In Kalmar war ziemliches Treiben auf der Straße, ein ganz schönes Städtchen eigentlich. Ich holte mir Geld von der Bank und fuhr zum Bahnhof. Es dauerte eine Weile bis ich alles geregelt hatte. Ich kaufte mir ein Skandinavienticket mit dem ich jetzt glaube ich zwei Wochen in Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark hätte herum fahren können. Das war komischer Weise billiger als die einfache Fahrt nach Stockholm und zurück nach Trelleborg. Das Rad schickte ich nach Münster. Weil der Zug nach Stockholm, wo ich jetzt hin wollte, nicht gleich fuhr, lief ich noch mal in die Stadt zurück, sah eine Modenschau auf der Einkaufsstraße und ging zum Schloss.
Aber ich hatte wenig Lust zu allem, ich wusste nicht mehr so recht ob ich so jetzt alles richtig gemacht hatte und ging zurück zum Bahnhof.
Um 15.16 Uhr fuhr der Zug. Ich zog mich auf der Toilette um, musste zwei mal umsteigen und kaufte mir unterwegs ein Sandwich und eine riesige Tafel Marabou Schokolade. Ich las ein bisschen und fing an vor mich hinzuträumen. Ich beschloss das Ticket jetzt auch auszunutzen, anschließend nach Oslo und Kopenhagen zu fahren und schrieb Tagebuch. Ich bekam Angst davor in Stockholm kein Quartier mehr zu bekommen, denn der Zug sollte erst um 21.41 Uhr ankommen, und es war Samstagabend.
Zu meiner großen Überraschung war aber noch etwas zu bekommen. Die Jugendherberge von Stockholm befindet sich auf einem alten Segelschiff, das im Hafen liegt, und es dauerte etwas bis ich die „Af Chapmann“ gefunden hatte. Erst musste ich ins Sheraton Hotel gehen und die etwas verwunderten Sicherheitsleute fragen, wo es denn lang ginge. Ich kam auf dem Weg ganz schön ins Schwitzen und war froh, als ich endlich mein Bett in Besitz nehmen konnte. Ich kaufte ein Schloss für den Schrank, eine Fanta aus dem Automaten und ging noch mal raus, aber es war entschieden zu kalt. Ich bezog mein Bett mir dem seltsamen Papierbettzeug das man mir gegeben hatte und legte mich in der Erwartung hin, von den anderen sieben Mitbewohnern, von denen noch keiner da war, geweckt zu werden.
Die ersten kamen sehr leise um kurz nach 24 Uhr und machten nicht mal das große Licht an. Aber um kurz vor 2 Uhr erschienen zwei betrunkene Schweden für die noch leeren Betten. Der eine war etwas vernünftiger, aber der andere war völlig von Sinnen. Er knallte die Tür auf, brüllte herum, zog sich bis auf die Unterhose aus und entdeckte dann das Bullauge. Er steckte seinen Kopf hindurch, schrie in den Hafen hinaus und verschwand dann zum Glück ohne sich im Zimmer übergeben zu haben im Bad. Erst dachte ich er wäre dort eingeschlafen, aber nach einer Weile kam er laut krakeelend zurück, beschimpfte seinen Kumpanen und fiel dann plötzlich stumm ins Bett. Ich schob von meinem Platz aus vorsichtig die Tür zu und machte das Licht aus. Gerade war dieses erloschen, als ein lautes Getöse begann, das ich nach dem ersten Schrecken als Schnarchen des Störenfriedes identifizierte. Es wollte und wollte nicht aufhören, und obwohl ich Angst hatte er würde das ganze Boot zersägen, so dass es auf den Grund des Hafens sinken würde, übermannte mich irgendwann die Müdigkeit und ich schlief ein.